Das Nadelöhr in den Bergen

Der Brenner und seine Transportkapazitäten im Fokus

Einem Berg von Problemen sieht sich die Brennertrasse gegenüber. Diese bedürfen kluger Lösungen, um Anwohner nicht auf die Barrikaden zu bringen und dem Handel nicht zu schaden. Wir blicken auf einige der aktuellen Diskussionspunkte.

Im Zuge der Olympischen Winterspiele in Peking in diesem Februar, deren Gigantismus und Auswirkungen auf die Umwelt kritisiert wurden, kamen die Medien auch noch einmal auf die nicht zu Stande gekommene Bewerbung Münchens. In jenen für ein solches Mammutprojekt vorgesehenen vier Kreisen, darunter dem Landkreis Traunstein, hatte sich die Mehrheit der teilnehmenden Menschen in Bürgerentscheiden gegen dieses Vorhaben entschieden. Oft gehörtes Argument der Gegner: Zu harsche Eingriffe in die Natur oder auch in die bereits bestehende Infrastruktur.

Ein anderer, nicht weit von Traunstein entfernter oberbayerischer Kreis rückte Anfang dieses Jahres in einem ähnlich gelagerten Kontext – wieder geht es um großen Bauvorhaben – in den Fokus der Berichterstattung. In Ebersberg wird die Trassenplanung der Deutschen Bahn (DB) für einen Zubringer zum Brennerbasistunnel heftig diskutiert. So kam es beispielsweise zu einem Boykott eines Dialogforums der DB Anfang Februar, weil sich die betroffenen Gemeinden nicht gehört fühlten. Insgesamt vier Trassenvarianten fanden nicht die Akzeptanz der betroffenen Kommunen.

Angesichts überfüllter Straßen oder auch ausgelasteter Schienenkorridore in den Alpen zwischen Deutschland, Österreich und Italien, für deren Entlastung der oben beschriebene geplante Brenner-Nordzulauf südlich Münchens geschaffen werden soll, ächzen die Transportwege unter dem Druck der Transportvolumen. Die somit auftretenden Verspätungen gefährden die Anbindung wichtiger Wirtschaftsräume – sei es im Im- oder Export. Gleichzeitig gilt es berechtigte Anliegen der Anwohner bei der Umgestaltung ihrer Heimat durch Verkehrsinfrastrukturprojekte zu beachten. Oft stellt dies für alle Beteiligte die vielbeschriebene Quadratur des Kreises dar, die oft aus jeder Perspektive nur einen Minimalkompromiss als Ergebnis zeitigen kann. Aber nicht nur diese Thematik brachte den Brenner als eminent wichtige Transportroute Mitteleuropas im sehr schwierig und oft auch sehr kostspielig zu bebauendem Hochgebirge in den Fokus.

LKW-Mauterhöhung in Diskussion

Auch die Bezahlung der von den Trucks genutzten Straßen sowie die als Anti-Transitmaßnahmen wahrgenommenen Regelungen im österreichischen Bundesland Tirol stehen im Blickpunkt und erfordern einen sorgsamen Interessenausgleich. Der, so klar ist dies zu formulieren, nicht einfach sein wird.

Eine vom Freistaat Bayern ins Spiel gebrachte Mauterhöhung um 50 Prozent, die insbesondere LKW aus Westeuropa und -deutschland eher über den Schweizer Gotthard-Pass denn den Brenner bringen soll, führt aufgrund der Nicht-EU-Mitgliedschaft zu aufwendigen Zollverfahren. So dürfte der innergemeinschaftliche Transport über den Brenner weiter die verlockendere Alternative sein. Außerdem können, wie es ein Medium zusammenfasst, „die Mautsätze (…) nicht frei festgesetzt werden, sondern unterliegen den Vorgaben der EU-Wegekostenrichtlinie.“ Weiterhin würden die Anrainer, beispielsweise in der Inntal-Region, die definitiv für Warenein- und -ausfuhr von diesen Routen abhängig sind, benachteiligt werden.

Blockabfertigung und Fahrverbote

Um dem massiven Transportaufkommen Herr zu werden, arbeitet Tirol mit Verordnungen, die die Verkehrsströme aus Sicht des Transitlandes besser koordinierbar machen – und indirekt wohl auch Alternativrouten attraktiver erscheinen lassen sollen. Dazu zählen die immer wieder genannte Blockabfertigung im Grenzort Kufstein, das generelle LKW-Nachtfahrverbot auf der Inntal- und Brennerroute sowie das sektorale Fahrverbot für bestimmte Güter.

Diese Maßnahmen werden wiederum von den Nachbarn als EU-rechtswidrig eingestuft und es wird um das Einstellen gebeten. Als nächste Stufe, da Mitgliedsstaaten der Union beteiligt sind, könnte ein Vertragsverletzungsverfahren angestoßen werden.

Digitalisierung als Ausweg oder politische Sackgasse?

In Italien gab es hingegen einen Vorstoß des Südtiroler Landeshauptmanns, seiner nationalen Regierung in Rom das Konzept einer „digitalisierten Brennerautobahn“ vorzustellen. Mit einem Bonus-Malus-System, das insbesondere – auch dank digitaler Auslastungssteuerung – schadstoffärmere Trucks bevorzugt. Angesichts eher negativer Einschätzungen der italienischen Transportunternehmen, die um ihre Wettbewerbsfähigkeit fürchten, wurden auch die ersten Reaktionen aus Italiens Hauptstadt zu diesem Plan eher als verhalten eingestuft.

Es wird spannend bleiben, was sich auf einer der wichtigsten Nord-Süd-Achse im Herzen Europas, bewegen wird. Sowohl was das sehr hohe Frachtvolumen im Alltag betrifft, aber auch was Infrastrukturprojekte, zu denen der für 2032 avisierte Brenner Basistunnel zählt, angeht sowie die politische Komponente des grenzüberschreitenden Warenverkehrs.

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